Etwas hektisch war meine Anfahrt in Freiburg mit dem Auto, da ich auf der falschen Spur erst noch einmal durch den Tunnel fahren durfte und es erst außerhalb von Freiburg eine Wendemöglichkeit gab.
Kein gutes Omen für den Start eines 600 km Brevet. Durch die windige Rheinebene bin ich dann doch im Windschatten von guten Helfern gekommen. Danach wurde es ruhiger. Zum ersten Mal bin ich diese tolle Strecke des Jura-Brevet II gefahren und genoss die abgelegenen Ecken des Jura. Nach dem wunderbaren Alpenblick ging es durch die Brévine (am späten Nachmittag merkt man noch nichts von seinem Ruf, das kälteste Tal der Schweiz zu sein) und dann das Val du Travers bekannt für Absinth und hier und da namhafte Uhrenhersteller. Wie passt das zusammen? Und wir waren nicht die einzigen, die sich an diesem langen Wochenende großen Herausforderungen stellten. Bereits am Freitagabend war in Biel die 61. Auflage des legendären 100km Laufs gestartet mit Zielschluss Samstag 19 Uhr und auf unserer Strecke passierten wir einen Verpflegungsposten des Swiss-Canyon-Trails mit dem K 105 (früher hieß er Trail de l’Absinthe) – Bei 5550 Höhenmetern hatten die Läufer 33 Stunden Zeit für 105km. Der schnellste Läufer war schon nach 11 Stunden im Ziel. Weiter und unbeirrt bin ich meinem Track gefolgt – letzte Woche noch darüber gesprochen wegen digitaler Demenz und so. Vielen Dank an den Experten, der das schöne Höhenprofil erstellt hat mit der farbigen Ländermarkierung. Da konnte ich doch glatt in einer französischen Bar vor der Grenze noch einmal etwas günstiger einkehren. Mir entgegen kamen einige Radfahrer, die vermutlich auch auf einem 600 km Brevet aus dem Burgund gekommen sind. Kanton Waadt und der Lac de Joux der mir schon bekannt vorkam von meiner Teilnahme beim Mont-Ventoux-Brevet vor 3 Jahren – viele einladende feine Restaurants am See für die gestresste Bevölkerung aus der Stadt. Der Wendepunkt am Bahnhof von Le Sentier - das „Bahnticket“ zum zweiten Mal abgestempelt und einen wunderbar lesbaren Aufdruck erhalten: 22.20 Uhr. Ratlos habe ich vor dem Automaten gestanden – Kaffee für die nächtliche Fahrt – dank Visa-Card mit kontaktlos bezahlen, hat sich der Automat sofort in Bewegung gesetzt. Bitter war der Kaffee – schmeckt so Absinth? Nach dem Col de Landoz neuf ging es endlich aus der Kälte über der 1000m-Marke bergab und in Salin les bains konnte ich mich auf einem Kinderspielplatz für einen kurzen Schlaf ausbreiten. Noch zwei weitere Male hat mich der Sandmann erwischt und immer wieder war ich erstaunt, dass ich auf der ganzen Strecke drei Mal von dem orangefarbenen Tandem überholt wurde – wie geht denn das?
Letzte Kontrolle Ensisheim in der PMU-Bar bis auf den letzten Stuhl besetzt – da sitzen die Senioren am Nachmittag und spielen eifrig Karten. Irgendwann taucht auch wieder der Schwarzwald auf, und dann kann es nicht mehr weit sein. Endlich angekommen im Augustiner – halte mich aber nicht auf und will das Glücksgefühl nutzen, um noch sicher ohne Umweg über den Tunnel nach Hause zu kommen.